Mittwoch, 14. November 2007

p review 12.11.2007 - Free Rainer - Dein Fernseher lügt

Der Vorfilm war ein selbsternannter "Experimentalfilm" in dem ein kleines Mädchen die wohl von digitaler Tricktechnik erzeugten Verschiebungen der verschiedensten Muster und Reihen im Stadtbild, Gulliplatten und Obststandregalen, zu Fassadenreihen (die rationale (Platten-)Architektur bietet sich dem ja geradezu an) und auch Pollerstreifen und Heckenblüten, einmal überrascht kurz der mitlaufende Schatten von stark strukturierten Vormauersteinen. Und da die meisten laufenden Bänder an den ja ebenfalls die ganze Zeit den Projektor durchlaufenden (ja, nur früher) Zelluloidstreifen erinnern, kann es ja als "Das ganze Leben ist ein Film" durchgehen. (Julot, I(srae)L 2005)

Free Rainer - Dein Fernseher lügt

Schien schon im Vorfeld die/der vom Regisseur demonstrierte
Agitationsmotivation/Missionseifer eher der Promotion seines Werkes zu dienen, und war man von der Grundidee nicht in übertrieben hoffende Erwartung versetzt, ließen doch zumindest seine Vorwerke eine solide unterfütterte Unterhaltung erwarten. War doch der lange Erstling noch eine gelungene Annäherung an psychologische Individualitäten, und der Folgende eine angenehm spontan wirkende Utopierealisierung, so scheint hier die, aus der dafür errungenen Anerkennung folgende, Erhöhung der Produktionsmittel für die,
dieser subversiven Geschichte wenig entsprechenden, Hochglanzoptik von Cast und Kulisse bis zur Requisite (einer GTV kann selbst ich mich noch nicht ganz entziehen, auch wenn der Zweck eines solchen Gefährts (transportloses Fahren) mehr als verwerflich ist) nicht sonderlich dienlich zu sein. Und daher wohl auch die weibliche Hauptmimin, die hier, von der Portalwerbung an die Seite des mittlerweile standardbesetzten, jedoch solide abliefernden, ja hier fast ehrenrettenden Herrn Bleibtreu eine weit bessere Leistung abgibt, als andere aus Werbefleckchen bekannte Gesichter. Der Mannschaft wird, bis auf den dritten im Bunde, leider, zugunsten zu langer romantischer Blicke zwischen den Protagonisten, zu wenig Gelegenheit gegeben, ihren Figuren mehr als nur die Andeutung eines Individuums zu geben. Sie wurden wohl auch nur als (wenn nicht Arche-, dann Fernsehsessel-)Typen angelegt. Am negativsten stieß dann die Wahl des vermeintlich grenzdebilen Publikums der wandelnden Traumsequenz auf, da wären Schnitte auf das übliche Abercrombie-Publikum viel angemessener gewesen, so wirkte es eher wie unterbemittelte Randgruppenschelte. Doch am schwierigsten nachvollziehbar erscheint hier die Union von Ursache und Wirkung der Medienkompetenz der Massen. Denn, wenn diese Tatsache auch der Weltsicht der Geistvernichtungmaschinerie (neben Geld(motorisierte Individualverkehrsmittel) und Zeit(PC)) widerspricht: Es gibt Sender wie 3Sat und arte, die, leider als fast einzige, den Auftrag und die Idee der Öffentlich-Rechtlichen als Fortführung der ehemals kostenlosen Bibliotheken zu erfüllen suchen. Aber dies, womöglich bewusst nur, für eine privilegierte Minderheit, die noch nicht von der Unkulturproduktion unfähig gemacht wurde Komplexeres zu goutieren. Der mittelalterlichen Technik entsprechend, das Wissen in elitären Sprachen zu horten.
Weingartner erfüllt so die Erwartungshaltung der Zielgruppe, indem er ihre (Verschwörungs-)Thesen formuliert, allerdings in einer Verkleidung, die diese (Zielgruppe) wohl erweitern soll, aber damit an Glaubwürdigkeit und Eindringlichkeit verliert.
Der Titel fällt wohl auch unter diesen Erweiterungsanspruch, bleibt jedoch rätselhaft, versucht doch Rainer die meiste Zeit das Fernsehvolk zu befreien, und wenn, dann passt ja der Imperativ nicht: Befreit er sich doch selbst von seinem Opportunismus. So bleibt nur die Assoziation zu Free Willy - Ruf der Freiheit.

thx ju for providing the fee (2/5)

Donnerstag, 8. November 2007

KulturTechniken - Ein Exempel

Nicht zuletzt wird die mehr oder weniger kreative Produktion von den verfügbaren technischen (Hilfs-) Mitteln geprägt (der Einfluss der (fast) universellen Maschinen(hier PC-Technik) auf die (scheinbar (noch) größere) Ton- und Bildproduktion sei hier mal angedeutet), auch die alltäglichsten Vorgänge unterliegen dem Einfluss des technischen Wandels. Nicht nur die Fortbewegung wurde durch die Erfindung des geschmierten (später Kugel-) Lagers (das (mir) ein mechanisches Analogon zum Generator nach dem Dynamoelektrischen Prinzip zu sein scheint) verändert, auch der erst im letzten Jahrzehnt aufgekommene Zwang am Marktkassenband (das "Super" scheint hier aufgrund der seit fast einem Jahrhundert hierzulande weniger häufigen, eh durch ihren Vorsatz "Wochen" ausreichend differenzierten, mobilen Kaufgelegenheiten redundant) einen noch nicht einheitlich bezeichneten (oder?), mit "Neuer Kunde", Eigen- oder zusätzlicher Werbung beschrifteten, heute aus Plastik, jedoch auch schon (viel früher, oder in sehr rührigen Verkaufsstätten außerhalb der Metropolen) in schwarz lackiertem Holz beobachteten drei-oder-vier-Kant-Stab hinter die eigenen Waren auf dem Laufband zu positionieren, hat weniger in einer fortschreitenden Entfremdung seine Ursache als viel mehr, dass die Laufbänder nicht mehr mittels Fußschalter vom/n der Kassierenden fortbewegt wird, sondern eine Lichtschranke das Band solange laufen lässt, bis Ware oder betreffender Stab, Warentrenner oder (etwas übertrieben) Separator diese unterbricht und das Band stoppt. Da (meist) die mit dem Einscannen der Warenkennzeichen beschäftigte Kassiererin dadurch keine bewusste Wahrnehmung des Bandfortschritts hat, ist es oft schwer, (ja manchmal auch mit) ohne den behandelten Gegenstand den letzten Artikel des aktuellen Kunden zu erkennen.
Daher ist sein Gebrauch kein Zeichen der (Groß-) städtischen abgrenzenden Entfremdung, sondern nur dem Wandel der Technik gezollt.

Die guten Wünsche am Ende des Kassiervorganges werden jedoch nicht als übertriebene Höflichkeit empfunden, sondern, ob der Oktruiertheit durch die Geschäftsleitung, eher als dreiste Bevormundung, ja fast Erniedrigung, der Bekittelten durch eben diese.

Dienstag, 6. November 2007

p review 05.11.2007 - Persepolis

Der Vorfilm war wiederum leider ungezeigt.

Persepolis

Diese Comicverfilmung, deren, an die reduzierten Cartoons der 60er erinnernde, Strich deutlich gefälliger als der der recht groben Originalzeichnungen geraten ist, beginnt mit einer teils wenig überraschenden, teils erfrischend vereinfachten Geschichtsstunde, um dann für die letzten zwei Drittel zu einem archetypischen oder recht beliebigen Mädchen/Frau-Tagebuch zu werden, das die Frage aufkommen lässt, ob nur Frauen die Bedeutung ihrer Partner in ihrer Biografie so prominent herausstellen oder ob Männer diese Bedeutung womöglich nur verdrängen. Und es kann festgestellt werden, dass der Partner bei Frauen wohl erst nach der Trennung hässlicher wird, bei Männer wohl schon vorher - um danach wieder an Attraktivität (bis zur Verklärung) zu gewinnen.
Mit etwas zu poesiealbumesken Sinnsprüchen der Großmutter (schade, dass die Animation neben dem Abspann so platt noch einmal erklärt wird), dem naturgemäß ungeklärtem Ende und einer etwas sehr dünnen Rahmenhandlung, jedoch mit ausreichend vielen hübschen Details, die auch mal im Bildhintergrund Grundsätzliches andeuten, und einem, zwar nachlassenden, aber nie ganz aufgebenden kindlichen und dann Zweck- Optimismus erzählt die Autorin die Geschichte ihrer Namensvetterin. Dabei ist die wohl authentische Unzufriedenheit mit den Zuständen - sowohl vor als auch nach dem Machtwechsel - noch am interessantesten. Allerdings wird der Einfluss der nördlicheren Mächte selbstbewusst zunächst etwas verharmlost und später zu wenig anprangernd dargestellt. Dabei fehlt es leider jeglicher überraschender Wendung oder Schlussfolgerung, so dass hier die Erzählart, trotz ihrer Mängel, das Erzählte übertrifft, und womöglich so mancher helfen könnte ihre persische Nachbarsfreundin besser zu verstehen. (1/4*~)

thx ju for providing the fee (1/5)